Der 11. September ist historisch eher ein Tag zum Trauern, im Jahr 2021 allerdings ein toller Tag für das Schiedsrichterwesen. Auf dem Sportplatz des TSV Sachsen Hermsdorf/Bernsdorf (Landkreis Zwickau) pfeift Gabriele Illgen beim Spiel der D-Junioren gegen den SV Hartenstein-Zschocken um 11 Uhr ihr erstes Fußballspiel an. So weit, so gut - allerdings ergibt sich die Besonderheit daraus, dass Gabriele am 29.10.1955 das Licht der Welt erblickte und sie somit im stolzen Alter von 65 Jahren wahrscheinlich eine der ältesten Debütantinnen der „schwarzen Zunft“ ist.
Bereits im September 2020 hatte sie die Anwärter-Prüfung erfolgreich bestanden, dennoch dauerte es aufgrund der Pandemie fast ein weiteres Jahr bis Gabrieles erster Anpfiff ertönen konnte. Sie selbst bezeichnet sich schon immer als fußballverrückt. Leider gab es zu ihrer aktiven Zeit in ihrer Heimatstadt Glauchau keinen Frauenfußball. „So habe ich als Kind mit Jungs zwischen den Häusern gekickt", erinnert sich Gabriele.
Danach war erst einmal viele Jahre Feierabend mit Fußball. Sowohl Familie als auch der Beruf als Krankenschwester hatten Priorität. Erst im Alter von 40 Jahren schaute sie eher zufällig beim Training der Fußballerinnen des TuS Falke Rußdorf (einem Ortsteil von Limbach-Oberfrohna in der Nähe von Chemnitz) zu und ihre alte Leidenschaft wurde wieder geweckt. „So war ich bis Mitte 50 auf dem Feld aktiv, habe mir aber auch in der Zeit zweimal den Knöchel gebrochen!"
Gabriele ist stolz, dass ihr Enkel mittlerweile ebenfalls beim Verein spielt - während sich die Oma als „gute Seele“ des Vereins auch um die Organisation von Turnieren oder Spielkleidung kümmert. Mehr und mehr reifte aber auch ihr Entschluss, es doch noch einmal als aktive Schiedsrichterin probieren zu wollen. „Ich dachte jedoch, es war in meinem Alter gar nicht mehr möglich die Ausbildung zu machen.“ Ganz im Gegenteil. Kreisschiedsrichterobmann Benjamin Seidl nahm ihre Anmeldung begeistert entgegen, noch dazu wo ihr Verein derzeit Unterbestand verzeichnet. „Die jungen Teilnehmer staunten nicht schlecht, als sich Gabriele als Anwärterin und nicht als Referentin entpuppte und dann auch noch bei der Prüfung glänzte," so Seidl weiter.
Nun hat sie nach der langen Wartezeit ihre ersten Einsätze mit großer Freude bei Juniorenspielen auf Kleinfeld absolviert und im zweiten Spiel auch ihre erste gelbe Karte gezeigt. Die Tatsache, dass über sie in der Schiedsrichter-Zeitung berichtet werden sollte, war ihr eher etwas unangenehm. "Macht bloß kein großes Tamtam um mich. Ich mach das Ganze ja weil es mir Spaß macht. Aber meinetwegen, wenn es gut für die Schiedsrichter ist..."