Ansprechpartner, Entscheider, Weggefährte - 25 Jahre lang war Klaus Reichenbach das Gesicht des Sächsischen Fußball-Verbandes. Als Präsident erlebte der Hartmannsdorfer jede einzelne Minute SFV-Geschichte mit und führte den Verband durch die Höhen und Tiefen eines Vierteljahrhunderts. Nach 25 Jahren, sechs Monaten und 17 Tagen legt Reichenbach nun sein Amt nieder - Zeit für ein ausführliches Gespräch.
25 Jahre Verbandspräsident, da fällt es vermutlich schwer aufzuhören. Warum verlassen Sie das SFV-Präsidium zum jetzigen Zeitpunkt?
Irgendwann muss man für sich selber entscheiden - geht man zu einem Zeitpunkt, wenn alle noch sagen schade, dass er aufhört. Oder wartet man, bis jeder denkt, es ist allerhöchste Zeit, dass er endlich verschwindet. Auch wenn ich mich noch jung fühle, bin ich im vergangenen Jahr 70 Jahre alt geworden und habe den SFV seit seiner Gründung 1990 nun 25 Jahre geführt. Da ist es an der Zeit den Staffelstab weiterzugeben, leicht gefallen ist mir diese Entscheidung allerdings nicht.
Ich möchte jetzt zu einem Zeitpunkt gehen, an dem ich auch im Kopf noch soweit topfit bin, um mein Leben auch außerhalb des Fußballs genießen zu können.
Vor einigen Monaten habe Sie gesagt: „Der Verband ist für die Zukunft breit aufgestellt“. Nicht Wenige sagen, dass hat der SFV nicht zuletzt Ihnen zu verdanken. Gehen Sie mit breiter Brust?
Das ist eine andere Frage. Als Person kann ich mir aber nicht anmaßen, dass alles, was hier im Land von vielen Tausend Ehrenamtlichen im Fußball geleistet wurde, mein Verdienst ist. Ich gehe aber mit einem beruhigenden Gefühl, dass manche Dinge, die ich in den letzten 25 Jahren versucht habe voranzutreiben, sich positiv entwickelt haben. Wenn ich jetzt ein Resümee ziehe, kann ich sagen, dass ich mit dem Stand zufrieden bin und wir nicht allzu viel falsch gemacht haben.
Ihr Nachfolger wird also einen intakten Verband vorfinden, wer wird das Amt übernehmen?
Meine Präsidiumskollegen und ich haben uns viele Gedanken gemacht, weil wir natürlich auch über sehr gute Leute innerhalb des Verbandes verfügen. Mit Hermann Winkler haben wir aber einen hervorragend vernetzten und sportbegeisterten Kandidaten, der unserem Verband und damit auch unseren Vereinen mit seinen Kontakten Türen öffnen kann. Im Übrigen schadet dem SFV ein bisschen frischer Wind von außen sicher nicht. Als ehemaliger Präsident des Landessportbundes ist Hermann Winkler in der sächsischen Sportwelt kein Unbekannter und kennt sich sehr gut im Sport aus.
In den letzten Jahren ist die direkte Kommunikation mit der Basis immer wichtiger geworden. Vereinsdialoge, Vorstandstreffs – Sie fahren persönlich bis ins kleinste Vereinsheim. Hat sich die Rolle des Präsidenten gewandelt?
Nein, das denke ich nicht. Zwar gibt es inzwischen viel mehr Gespräche, ich möchte aber behaupten, dass mir auch früher schon bewusst war, was die Basis bewegt, welche Problemen besteht und was gerade die kleinen Vereine umtreibt. In gewisser Weise bin ich auch eng mit meinem Heimatverein verbunden und spreche mit vielen Verantwortlichen. Demzufolge war mir das alles nie fremd.
Neben der Wahl des Präsidenten stehen zum außerordentlichen Verbandstag am 23. April zwei Anträge zur Abstimmung. Warum sind die Anpassungen notwendig?
Der SFV-Vorstand hat mit großer Sorge den ordentlichen Verbandstag von 2014 ausgewertet und dabei festgestellt, dass nur wenige Vereine von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht haben und nicht zum Verbandstag erschienen sind. Durch die Nichtteilnahme vieler Delegierter ist die Beschlussfähigkeit unseres höchsten Gremiums gefährdet.
Außerdem verursacht ein Verbandstag mit über 300 Delegierten nicht unerhebliche Kosten. Der Vorstand hatte sich bereits vor 2014 auf diese Verkleinerung verständigt. Der vorliegende Antrag ist sehr ausgewogen, mit allen Gremien abgestimmt und sichert die demokratischen Rechte aller Mitgliedergruppen im SFV.
Zum sportlichen Geschehen, die sächsischen Vereine stehen in dieser Saison gut da. Höchstwahrscheinlich wird es den einen oder anderen Aufstieg zu feiern geben. Hat der Profifußball in Sachsen endlich wieder ein festes zu Hause?
Wenn man das Auf und Ab der letzten 25 Jahre betrachtet, war es wirklich eine schwere Zeit. Nach der Deutschen Einheit hatten wir von Anfang an einige Zuordnungen für die Bundesliga und konnten teilweise auch gute Erfolge verbuchen. Durch Missmanagement und zweifelhafte Entscheider in den Vereinen ist jedoch einiges schief gegangen und viele Vereine landeten in der Insolvenz.
Der sächsische Fußball hat eine lange Durststrecke durchgemacht. Erst in den letzten Jahren, nachdem seriöse Leute an der Spitze der Vereine Verantwortung übernommen haben, hat sich die Vereinsstruktur langsam aber sicher positiv entwickelt. Was beispielsweise Aue in seinem Umfeld und der zur Verfügung stehenden Infrastruktur geleistet hat, ist große klasse. Die Großstädte Dresden und vor allem Leipzig mit seinen zwei rivalisierenden Vereinen hatten hingegen immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen. Inzwischen können wir eine überaus positive Entwicklung beobachten, sodass Sachsen, meiner Meinung nach, das Potential für mindestens eine Erstligamannschaft, eine oder zwei Mannschaften in der 2. Liga und drei Mannschaften in der 3. Liga hat. Das wäre eine gesunde Struktur, die uns gut zu Gesicht stehen würde. Ich bin mir sicher, wenn wir es nicht dieses Jahr erreichen, dann auf jeden Fall in den nächsten zwei Jahren.
Wie wird Klaus Reichenbach in Zukunft seine Wochenenden verbringen? Sehen wir Sie in den sächsischen Bundesligastadien oder eher beim Bambini-Spiel Ihrer Enkel?
Jetzt sprechen Sie meine wohl schwächste Stelle als Verbandspräsident an. Ich war noch nie der Fan, der unbedingt im Stadion dabei sein muss. Ehrlich gesagt, will ich Fußball genießen und mir die Spiele in aller Ruhe anschauen, ohne Emotionen, ohne vom Sitz zu springen oder zu schreien. Das Fernsehen bietet heutzutage so viel an, dass es viel bequemer ist, am Samstag oder Sonntag auf dem Sofa zu sitzen. So kann ich mir alle Spiele anschauen, die mich interessieren.
Wenn ich jedes Wochenende ins Stadion gefahren wäre, zwei drei Spiele kann man sich immer anschauen, wäre es in den vergangenen 25 Jahren mit meiner Familie, ich will nicht sagen den Bach herunter gegangen, aber meine Frau hätte sich nicht unbedingt gefreut. Als Opa ist es natürlich etwas anderes. Natürlich werde ich mit meinen Enkeln, wenn sie fußballinteressiert sind, ab und zu im Stadion ein Spiel anschauen, das ist doch klar.
Zum Abschluss möchte ich mich nach über 25 Jahren noch herzlich bei allen Ehrenamtlichen, den Mitarbeitern der Geschäftsstelle und den Funktionären der verschiedenen Gremien bedanken. Sie alle haben den Fußball in Sachsen so weit nach vorn gebracht. Ich wünsch Ihnen allen Gesundheit und dass der Fußball Ihnen auch weiterhin viel Freude bereitet.
Interview: Ulrike Brade